Samstag

Die Reise zu dir selbst endet nie





Namaste! Meine Zeit in Indien neigt sich dem Ende zu. Meine Reise endet damit jedoch nicht. Rishikesh war für mich zwar ein Ort zum Ankommen. Doch nur um zu spüren, dass ich mich auf dem richtigen Zug befinde. Die Reise unseres Lebens endet nie, sie kennt keine Endstation. Alles ist im Fluss - und je weniger wir uns dagegen wehren, umso mehr können wir die Fahrt mit dem Zug des Lebens genießen.
















Sei zu 100% an dem Ort, an dem du gerade bist



Die Tempelglocken schweigen so gut wie nie.

Ich werde das Bimmeln der Hunderten Tempelglocken, das immerwährend über Rishikesh ertönt, vermissen. Ich werde die Menschen vermissen, die abends bei den Straßenhunden auf dem dreckigen Pflaster sitzen und mit den Welpen kuscheln. Ich werde auch die große Familie vermissen, zu der hier die Touristen aus allen Herren Länder und die Einheimischen gehören. Ich werde die Affen vermissen, die mich mit ihrem Spiel auf dem Brückengeländer zum Lachen bringen. Den Duft von brennendem Sandelholz. Den Geschmack von frisch gekochtem, viel zu süßem Chai. Den Blick auf die majestätischen Himalajas, eine alte Heimat. Und ich werde vor allem auch die heilige Mutter Ganges vermissen, die mir dank der direkten Ufer-Lage des kleinen Mahatma Yoga Ashrams von morgens bis abends vor Augen hält: Alles fließt.

Rund um Rishikesh ist der Ganges sauber. Jeder Hindu sollte
mindestens einmal im Leben ein Bad im heiligen Fluss genommen haben.

Lass dich treiben
Wie das Wasser steht auch das Leben keine Sekunde still. Wer sich an einem Stein festklammert, muss sich gegen die Strömung stemmen, das kostet Kraft. Noch mehr Energie braucht der, der gegen den Strom schwimmen will. Leichter hat es derjenige, der sich mit der Strömung treiben lässt, er wird regelrecht getragen von der Kraft des Wassers und kann die Leichtigkeit der Fortbewegung, das Glitzern der Sonne genießen. Im Leben ist es nicht anders: Wer sich gegen Veränderung sträubt, leidet. Vergeudet Energie für das Unabwendbare: Die Zeit vergeht, die Dinge ändern sich, es gibt kein Zurück. Doch das Treiben lassen hat zwei Bedingungen: Kontrolle abgeben und Vertrauen haben. Ganz schwer.

Indien im Herzen
Wenn ich davon schreibe, dass ich so manche Dinge aus

meiner Zeit in Indien vermissen werde, hänge ich eigentlich
Affen lieben es, die Touristen auf der
Laksman Jhula Brücke zu bestehlen.
in der Vergangenheit fest. Ich muss gestehen: Genauso wie ich versuchte, mein bisheriges Leben in einem riesigen Gepäck mit nach Asien zu nehmen, will ich jetzt unbedingt Indien mit nach Hause bringen. Ich habe unzählige Dinge eingekauft, die mich an die Reise und die Gefühle, die ich hier haben durfte, erinnern sollen. Doch die wahren Mitbringsel sind keine Fotos von Sonnenaufgängen, Tulsi-Tee oder Goa-Hosen. Ich trage sie für immer und ewig im Herzen.

Das Leben findet statt, während wir mit Planen der Zukunft oder Erinnern an vergangene Zeiten beschäftigt sind. Wenn ich doch erst den Führerschein habe, wenn ich mit der Ausbildung fertig bin, wenn ich einen guten Job gefunden habe, wenn die Kinder groß sind...jeder von uns kennt diese inneren Aufschübe. Doch das Leben passiert jetzt. Und zwar egal, ob du ihm Beachtung schenkst oder nicht. Jeder von uns hat in jedem Augenblick seines Lebens die Möglichkeit, sich dafür zu entscheiden, am Leben teilzunehmen.


Im Maharishi Mahesh Yogi Ashram meditierten einst die Beatles -
immer noch ein sehr spiritueller Ort.
Ein bewusster Moment am Tag
Warum fällt es uns so schwer, im Hier und Jetzt zu leben? Eine Antwort darauf habe ich noch nicht gefunden. Nicht nur bei Eckart Tolle und den Zen- oder Yogameistern dreht sich alles darum. Im Jetzt gibt es keine Ängste; denn diese haben ausschließlich mit der Zukunft zu tun. Im Jetzt gibt es kein Hadern mit Erlebnissen oder Zweifeln an Entscheidungen; denn das alles hängt in der Vergangenheit fest. Im Jetzt gibt es nur das Leben. Ich bin ehrlich gesagt schon froh, wenn ich jeden Tag zumindest einen solchen bewussten Moment zusammenbringe...ich übe.

Und dann kommt noch das Hier dazu. Ashram-Betreiber Yogi Ji und mein Lehrmeister der vergangenen vier Wochen bringt es auf den Punkt: "Sei ganz an dem Ort, an dem du gerade bist - sei nicht mit den Gedanken woanders." Das heißt Ankommen. Und trotzdem endet deine persönliche Reise nie: "Deine Reise ist Heilung, wenn du dich dem Fluss hingibst und lernst zu akzeptieren, dass du nur für deine eigene Reise verantwortlich bist und dass sie endlos ist."

Vom Banker zum Yogi: Mein Lehrer der ver-
gangenen vier Wochen, Yogi Ji, und ich.






Freut euch auf einen Rückblick in Bildern sowie eine Reise-Reportage in Kürze hier auf Let there be om! 
Den ersten Teil meiner Rishikesh-Serie lest ihr hier.

Alle Fotos: Let there be om

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